Morgendliche Bahnfahrten oder über die Einfallslosigkeit der Eltern bei der Vornamenssuche ihrer männlichen Nachkommen

Momentan ernte ich in der Bahn morgens und nachmittags, auf den Wegen von und zur Weiterbildung regelmäßig ziemlich irritierte Gesichter von mitfahrenden Jugendlichen. 😉
Wie die Leute, die mich (wirklich) kennen vielleicht wissen, frische ich gerade meinen Kenntnissstand bei einer Bildungsmaßnahme in Sachen Datenbanken und Internetcoding auf. Bevor ich zum eigentlichen Punkt dieses Artikels komme, muß man vielleicht noch erwähnen, dass ich eher zum rundlichen Teil der Bevölkerung gehöre (was mich im übrigen keinesfalls stört, aber dazu kommen wir ebenfalls noch), und mir aus diesem Umstand gerne einen Spaß mache und andere damit hochnehme (andere würden es als „verscheissern“ bezeichnen, aber das klingt mir viel zu dramatisch).
Und man muß wissen, dass es mir Spaß macht, die Mitmenschen um mich herum zu beobachten, ihr Verhalten und Auftreten zu analysieren.

Jenes muß meinen autistischen Zügen geschuldet sein, immer auf der Suche nach der von denen vorgelebten „Normalität“, auf der Suche, sich dem anzupassen, um nicht zu sehr aufzufallen, ohne sich selbst aber (unnötig?) zu verbiegen, und doch in dem Wissen, dass diese Normalität mir als Aspie vermutlich immer mehr oder weniger verborgen bleiben wird (was nicht zwingend schlecht sein muss…).
Man muß wissen, dass es mir viel mehr Spaß bringt, die morgendlichen/ nachmittaglichen Mit-Hamburger zu beobachten, als mich den Pseudonachrichten in BILD, Mopo oder weissdergeier welchem Drecksblatt, was die Leute morgens auf dem Weg zur Arbeit lesen, zu widmen.
Den Blick gesenkt, um sich mit jedem Artikel die Meinung des selbstgewählten Herausgebers aufdrängen zu lassen- Bild dir deine Meinung eben.

Mitunter gelange ich während dieser Beobachtungen zu dem Eindruck, die Leute lesen das nicht, um zu erfahren, was in der Welt so vor sich geht (dafür sind jene Boulevardblätter, die die Mitfahrer überwiegend so in der morgendlichen S-Bahn lesen nun wahrlich nicht geeignet), sondern deswegen, weil sie nicht wissen, wo sie sonst hinschauen sollen. Und dabei sagt man uns Autisten doch immer nach, wir würden Blickkontakte vermeiden- angesichts meiner Faszination, was das beobachten der Leute um mich herum angeht, die ihrerseits alles tun würden, irgendwelche Blickkontakte zu vermeiden- schwer zu glauben. Haben sie keine Zeitung zur Hand, darfs bei denen auch gerne mal der Blick auf den Fußboden sein (Flecken zählen auf dem S-Bahn-Boden?), oder aber der Blick aus dem Fenster- direkt an die im dunkeln liegende, vorbeirauschende Tunnelwand. Muß ja unglaublich spannend sein, so eine Wand?! Überall hinschauen, aber um Himmels Willen, bloß nicht die Leute, mit denen man gerade in der Bahn sitzt.
Nunja, ich widme mich da, wie geschrieben, eher dem beobachten meiner Umwelt, und dies bedeutet nicht der Umwelt, die sich bei genauerem betrachten (zumindest mir) als ziemlich langweilige Betonwand im Dunkel entlarvt, sondern dem, was um mich herum passiert, und da sind die Menschen um mich herum allemahl interessanter als irgendwelche Fußböden oder Wandkacheln (wobei letztens irgendwo mal nen Portrait von nem Aspie aus Hamburg lief, der Geräusche von Kacheln faszinierend fand, wenn man an diese klopft, und dabei insbesondere die im alten Elbtunnel hervorhob).

Nun, mir fällt es aus naheliegenden Gründen (die Wikipedia umschreibt den Komplex hochtrabend als „http://de.wikipedia.org/wiki/Asperger-Syndrom#Soziale_Interaktion_2″>Soziale Interaktion„, ich nenns fehlende Begeisterung für belanglosen Smalltalk, an dem ich mich aktiv beteiligen soll bzw. wo eine Beteiligung von mir erwartet wird) eher schwer, Kontakte zu anderen Menschen aufzubauen (und dann vor allem auch zu halten).
Umso interessierter bin ich dann daran, wie andere diesen Smalltalk führen, und in diesen Momenten habe ich nicht das Gefühl, irgendwas zu verpassen oder auch nur zu vermissen.

Davon abschweifend: Insbesondere bei manchen männlichen Jugendlichen in der Adoleszenz– Phase bekomme ich von denen den Eindruck, deren Eltern hätten gewisse Einschränkungen hinsichtlich ihres Phantasie, was deren Namensgebung angeht. Wenn es danach geht, was ich höre und wahrnehme, so scheinen 90 Prozent der männlichen Jugendlichen als Name „Ey digga“ zu tragen. Jedenfalls sprechen sie sich gegenseitig mit jenem Namen an…

Ich mein, ist irgendwie lustig, wenn der eine ziemlich abgemagerte ey digga zum anderen ebenfalls eher dünnlichen anderen ey digga redet, die ey diggern dann so dermassen herum…

Und das ist der Punkt, wo wir wieder zurück zu dem kommen, was ich am Anfang des Artikels schrieb: Ich finds irgendwie saukomisch, meinen ohnehin nicht kleinen Bauch dann aufzublasen und mich in deren Gespräch aktiv einzubringen, sozusagen nach dem Motto „Ihr haltet Smalltalk und redet euch mit ey digga an? Dann spricht nichts dagegen, dass ich als digga da mitrede, ey“. Ich mein, wenn hier jemand „ey digga“ ist, dann jawohl ich, der ey digga kann doch unmöglich den ihm gegenüber sitzenden schlanken ey digger mit ey digger gemeint haben, sondern meinte doch wohl mich, wenn er ey digga anspricht.

Das Gesicht der beiden ey digger spricht dann jedes Mal absolut Bände, das „Heh, was will der digge denn nu?!“ kann man denen so dermassen aus dem Gesicht lesen, da müsst man echt mal nen Foto von machen, einfach köstlich.