Demo gegen Polizeigewalt ein voller Erfolg!

Der Demonstrationszug, der sich unter dem Motto „Wir machen auch ohne Zähne das Maul auf – Gegen Polizeigewalt!“ am Freitagabend friedlich aber lautstark durch St. Pauli und das Schanzenviertel bewegte, begann um 21 Uhr vor dem Millerntorstadion bereits mit über 2.500 Teilnehmern, später strömten immer mehr Menschen hinzu, so dass der Zug schließlich mit über 4.000 Teilnehmern gegen 22.45 Uhr sein Ziel, das „Jolly Roger“ in der Budapester Straße, erreichte. Die Fankneipe war in der Nacht zum 5. Juli zum Ort eines gewalttätigen Polizeieinsatzes geworden.
Demonstrationszug in Höhe Neuer PferdemarktJohann H. Boe, Vorstandsmitglied des Jolly-Roger-Trägervereins Ballkult e.V.: „Das war eine eindrucksvolle Veranstaltung! Wir haben es geschafft, unter den denkbar schlechtesten Voraussetzungen in einer lauten und ungemein kraftvollen Demo viertausend Leute unbeschädigt durch die Schanze marschieren zu lassen. Wir haben dem massiven Polizeiaufgebot keinen Anlass zum Eingreifen geliefert. Ich bin dankbar, dass auch in dieser angespannten Situation eine Deeskalation möglich war, auch wenn ich fürchte, dass dies nur im Einzelfall und auf persönlicher Ebene möglich ist.“

Die Teilnehmer des Demonstrationszuges waren bunt gemischt, neben vielen Fußballfans, nicht nur vom FC St. Pauli, sind Menschen aus allen Kreisen der Bevölkerung, darunter Familien mit Kindern und viele Bewohner des Schanzenviertels mitgegangen, um ihre Solidarität mit den Opfern von Polizeigewalt– im Jolly Roger und anderswo– zu zeigen.

Die große Teilnehmerzahl und die Zusammensetzung des Demonstrationszuges zeigen deutlich, dass der Protest gegen die sich häufenden brutalen Polizeieinsätze längst in der Mitte der Bevölkerung angekommen ist. Die harte Linie der fortgesetzten Eskalation durch den Innensenator, die nahtlos an die überwunden geglaubte Schill-Ära anschließt und immer wieder zu Übergriffen der Polizei auf Unschuldige und Unbeteiligte führt, ist klar gescheitert. Nach dem brutalen Vorgehen der Polizei gegen die Teilnehmer des Schanzenfestes und das „Jolly Roger“ fragen sich nicht nur die Betroffenen, ob ein Umdenken mit diesem Innensenator möglich ist. Eine politische Lösung scheint mit Ahlhaus nicht machbar zu sein, er hatte an der Polizeitaktik nichts auszusetzen.

Eine weitere Konsequenz aus den Ereignissen muss die überfällige Individual- Kennzeichnung von Einsatzkräften sein. Es ist ein skandalöser und untragbarer Zustand, dass vermummte Polizeigruppen in Kampfausrüstung schwere Straftaten begehen können und dass trotz eindeutiger Beweise eine Verurteilung an der Identifizierbarkeit der Täter scheitert. Ebenso dringend geboten ist die Einsetzung einer unabhängigen Ermittlungskommission. Rechtsanwalt Tay Eich, Aufsichtsratsmitglied des FC St. Pauli: „Wer Beweismittel trotz Aufforderung zur Sicherstellung tagelang bei den Tätern belässt, zeigt eins deutlich: Wir brauchen eine externe unabhängige Instanz, die die Wahrheit auch finden will.“

Während in der Hamburger Innenpolitik also gleich mehrere Probleme auf eine Lösung warten, ist sich die Polizei für nichts zu schade: In der vergangenen Woche begehrten zwei zivile Polizeibeamte, laut eigener Aussage vom PK 16, tagsüber außerhalb der Öffnungszeit Einlass ins „Jolly Roger“. Der angebliche Grund: Gäste hätten sich über die starke Verschmutzung der Toiletten beschwert und dem wolle man jetzt nachgehen. Dies wäre ja noch als „Versteckte Kamera“-Gag abzutun, wenn nicht eher zu befürchten wäre, dass die Polizei solch hanebüchene Vorwände nutzt, um nach der Empörung über ihr Vorgehen eine „Ortsbesichtigung“ durchzuführen zur Vorbereitung weiterer Rechtfertigungsversuche. Was kommt als Nächstes?

Hamburg, den 12.07.2009
Ballkult e. V., AFM-Abteilung Fördernde Mitglieder des FC St. Pauli, AGIM-Arbeitsgemeinschaft interessierter Mitglieder, Fanclubsprecherrat der offiziellen Fanclubs des FC St. Pauli, Fanladen St. Pauli, ProFans St. Pauli